Reiber-Diagramm, Quotienten Diagramm nach Reiber
Anforderung
Liquor (mind. 1 ml)
Messmethode
Bearbeitungszeit
- Routineuntersuchung: Befund nach 3-4 Stunden, werktags
Akkreditierung
Referenzintervall
♀/♂ | 30,00 | - | 53,00 | g/l | bis 1 Jahr |
♀/♂ | 35,00 | - | 52,00 | g/l | ab 1 Jahr |
♀/♂ | ≤ | 350,0 | mg/l |
♀/♂ | ≤ | 6,000 | mg/l |
♀/♂ | keine Angaben | bis 1 Monat | |||
♀/♂ | 0,05 | - | 0,50 | g/l | bis 3 Monate |
♀/♂ | 0,08 | - | 0,80 | g/l | bis 6 Monate |
♀/♂ | 0,30 | - | 1,40 | g/l | bis 12 Monate |
♀/♂ | 0,30 | - | 1,20 | g/l | bis 2 Jahre |
♀/♂ | 0,40 | - | 1,80 | g/l | bis 5 Jahre |
♀/♂ | 0,60 | - | 2,20 | g/l | bis 9 Jahre |
♀/♂ | 0,70 | - | 2,30 | g/l | bis 13 Jahre |
♀/♂ | 0,70 | - | 4,00 | g/l | ab 13 Jahre |
♀/♂ | ≤ | 40,0 | mg/l |
♀/♂ | 7,00 | - | 16,00 | g/l | bis 1 Monat |
♀/♂ | 2,50 | - | 7,50 | g/l | bis 3 Monate |
♀/♂ | 1,80 | - | 8,00 | g/l | bis 6 Monate |
♀/♂ | 3,00 | - | 10,00 | g/l | bis 12 Monate |
♀/♂ | 3,50 | - | 10,00 | g/l | bis 2 Jahre |
♀/♂ | 5,00 | - | 13,00 | g/l | bis 5 Jahre |
♀/♂ | 6,00 | - | 13,00 | g/l | bis 9 Jahre |
♀/♂ | 7,00 | - | 14,00 | g/l | bis 13 Jahre |
♀/♂ | 7,00 | - | 16,00 | g/l | ab 13 Jahre |
♀/♂ | ≤ | 0,7 |
♀/♂ | ≤ | 1,000 | mg/l |
♀/♂ | 0,100 | - | 0,300 | g/l | bis 1 Monat |
♀/♂ | 0,100 | - | 0,700 | g/l | bis 3 Monate |
♀/♂ | 0,200 | - | 1,000 | g/l | bis 6 Monate |
♀/♂ | 0,300 | - | 1,000 | g/l | bis 12 Monate |
♀/♂ | 0,400 | - | 1,400 | g/l | bis 2 Jahre |
♀/♂ | 0,400 | - | 1,800 | g/l | bis 5 Jahre |
♀/♂ | 0,400 | - | 1,600 | g/l | bis 9 Jahre |
♀/♂ | 0,400 | - | 1,500 | g/l | bis 13 Jahre |
♀/♂ | 0,400 | - | 2,300 | g/l | ab 13 Jahre |
Präanalytik
Serum muss zeitnah zur Liquorpunktion abgenommen werden.
Liquor sollte innerhalb von 30 min in das Labor transportiert werden, falls zytologische Untersuchungen (z. B. Liquor-Zellzählung oder Erstellen eines Zytozentrifugenpräparates) mit angefordert sind.
Achtung!
Bei V.a. artifizieller Blutbeimengung im Liquor (Erythrozyten im Liquor 1000 - 7000/µL) oder hämolytischem Liquor oder xanthochromem Liquor erfolgt die Analytik und Befundung der Quotientendiagramme nach Reiber und der Oligoklonalen Banden (OKB’s) unter Vorbehalt!
Eine Korrektur der Messergebnisse der Liquorproteine erfolgt nicht!
Eine Neuabnahme wird empfohlen!
Bei einer Erythrozytenzahl von > 7000/µL entfällt die Befundung des Quotientendiagramms n. Reiber und der OKB’s!
Neuabnahme dringend empfohlen.
Stabilität
- 2-8 °C
- bis zu 3 Wochen
Analytik
Immunnephelometrie (BNProSpec, Siemens Heathineers)
Messunsicherheit
Für aktuelle Angaben zur analytischen Messunsicherheit nehmen Sie bitte Kontakt mit dem wissenschaftlichen Dienst des Zentrallabors auf.
Allgemeines zum Analyten
Das Quotientendiagramm nach Reiber dient dem Nachweis intrathekaler Immunglobulinsynthesen [1, 3].
Immunglobuline im Liquor stammen beim Gesunden komplett aus dem Blut [1, 3]. Blutproteine wie z. B. Immunglobuline und Albumin diffundieren abhängig von der Liquor-Flussgeschwindigkeit (d. h. abhängig vom Zustand der Blut-Liquor-Schranke) aus dem Blut in den Liquor.
Der CSF/Serum-Quotient des Albumins (QAlb) wird zur Beurteilung der Funktionalität der Blut-Liquor-Schranke herangezogen. Die CSF/Serum-Quotienten der Immunglobuline (QIgG, QIgA, QIgM) ändern sich abhängig vom Wert des Albuminquotienten (QAlb) entsprechend einer Hyperbelfunktion, was die rechnerische Grundlage des CSF/Serum-Quotientendiagramms nach Reiber darstellt [1, 2].
Bei entzündlichen ZNS-Erkrankungen kann es durch B-Zell-Migration in das ZNS zu einer intrathekalen Synthese von Immunglobulinen kommen, die im Quotientendiagramm nach Reiber durch erhöhte CSF/Serum-Quotienten der Immunglobuline auffallen kann.
Indikationen
- Beurteilung einer Funktionsstörung der Blut-Liquor-Schranke (im Sinne einer verlangsamten Liquor-Flussgeschwindigkeit)
- Beurteilung einer intrathekalen Immunglobulinsynthese
- V. a. chronische entzündliche ZNS-Erkrankungen, z. B. Multiple Sklerose
- V. a. infektiöse entzündliche ZNS-Erkrankungen, z. B. virale oder bakterielle ZNS-Infektionen, opportunistische Infektionen bei HIV (z. B. Toxoplasmose)
- ZNS-Tumoren, Meningealkarzinose, Hirnmetastasen
med. Bewertung
Störungen der Blut-Liquor-Schranke:
Schrankenstörungen können anhand des Quotienten QAlb erkannt werden (QAlb = Albumin im Liquor [mg/l] / Albumin im Serum [g/l]). Die Berechnung eines altersabhängigen Grenzwertes (QAlb Lim) folgt dabei der Formel: Qalb Lim = (4 + Alter/15) x10-3 [1].
Typische Diagnosen, die mit einer gestörten Blut-Liquor-Schrankenfunktion einhergehen, sind beispielsweise Multiple Sklerose, Meningitis, Hirninfarkt, Guillain-Barré-Polyneuritis, Meningopolyneuritis Bannwart oder Enzephalitis.
Intrathekale Immunglobulin-Synthese:
Durch Berechnung der IgG-/ IgA-/ und IgM-Quotienten (QIgG, QIgA und QIgM) zwischen Liquor und Serum (Immunglobulin im Liquor [mg/l]/ Immunglobulin im Serum [g/l]) kann eine intrathekale Immunglobulin-Synthese festgestellt werden. In Abhängigkeit des Zustandes der Blut-Liquor-Schranke (d. h. in Abhängigkeit des QAlb) wird im Quotientendiagramm zur Beurteilung der intrathekalen Immunglobulin-Synthese die Diskriminierungslinie QLim dargestellt (siehe Abb. 1 unten). Es erfolgt ein Vergleich von QIgG, QIgA und QIgM mit dem entsprechenden QLim und eine Berechnung der Fraktion der intrathekalen Immunglobulin-Synthese in Prozent. Eine intrathekale Immunglobulinbildung wird dabei bei einem Wert > 10 % angenommen. Weiterhin spricht ein QIgA > QIgG für eine intrathekale IgA-Bildung und ein QIgM > QIgA für eine intrathekale IgM-Bildung.
Typische Konstellationen bestimmter Erkrankungen im Quotienten-Diagramm [1]:
Reine Schrankenstörung:
- Akute Meningitis in der 1. Woche, außer Durchwanderungsmeningitis
- Polyneuropathien, außer paraneoplastische Formen, Bannwarth-Polyneuropathie, systemische Autoimmunerkrankungen
- bei Tumoren, außer Lymphomen, Dysgerminomen, Glioblastomen, Karzinommetastasen
- Hirninfarkte außer Arteriitis, septische Embolien
- Hirntraumen, außer Blutungen in den Subarachnoidalraum
- Degenerative Erkrankungen mit und ohne Großhirnatrophie
IgG-Dominanz:
- Multiple Sklerose (siehe auch oligoklonale Banden)
- Herpes-simplex-Enzephalitis
- Chronische HIV-Enzephalitis
- Neurosyphilis (Zwei-Klassen Reaktion, gelegentlich erhöhte intrathekale IgM-Bildung)
Zweiklassenreaktion:
- IgG und IgA: Eitrige Meningitis, Neurotuberkulose
- IgG und IgM: Frühsommer-Meningoenzephalitis, Progressive Paralyse
Dreiklassenreaktion:
- Neuroborreliose (IgM > IgA > IgG)
- Mumps-Meningoenzephalitis
- Opportunistische Infektionen
Abbildung eines Quotientenschemas (Abb. 1):
Abb. 1: Im Quotientendiagramm lassen sich 5 Bereiche beschreiben (siehe erster Kasten):
1) Normalbefund
2) reine Störung der Blut-Liquor-Schrankenfunktion, d. h. verlangsamte Liquor-Flussgeschwindigkeit
3) intrathekale IgG-Synthese mit einer Schrankenfunktionsstörung
4) intrathekale IgG-Synthese ohne Veränderung der Liquor-Flussgeschwindigkeit
5) methodischer Fehler
Im hier gezeigten Beispielbefund (schwarze Kreissymbole) zeigt sich eine IgM-Dominanz. Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Herrn Prof. Dr. H. Reiber.
Wichtige zusätzliche Untersuchungen zum Quotienten-Diagramm ("integrierter Liquorbefund")
Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl an Liquor-Untersuchungen, die häufig zusammen mit einem Quotienten-Diagramm zur Erstellung eines aussagekräftigen "integrierten Liquorbefundes" herangezogen werden:
Ansprechpartner am UKD | |
Makroskopische Beurteilung des Liquors | alle Liquor-untersuchenden Laboratorien |
Liquor-Zellzählung
Bestimmung von Lactat im Liquor bzw. CSF/Serum-Glucoseverhältnis |
Zentrallabor |
Liquorzytologie (Zytozentrifugenpräparat) | Institut für Pathologie (Funktionsbereich Cytopathologie), Zentrallabor, Neurologie |
Oligoklonale Banden (im Vergleich zur QIgG-Berechnung im Quotientendiagramm hat die Untersuchung auf oligoklonalen Banden eine höhere Sensitivität für den Nachweis einer intrathekalen IgG-Bildung). | Zentrallabor |
MRZ-Reaktion bzw. Bestimmung spezifischer Antikörper-Indizes | Institut für Virologie |
Mikrobiologische und virologische Untersuchungen des Liquors mittels PCR- und Antikörperdiagnostik | Institut für Medizinische Mikrobiologie, Institut für Virologie |
Labor
Zentrallabor des Universitätsklinikums Düsseldorf
Quellen, Literatur und Verweise
- [1] Thomas L. Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. In: Lothar Thomas, ed. Labor und Diagnose, TH-Books Verlagsgesellschaft mbH, Frankfurt
- [2] Reiber, H. Liquordiagnostik. In: Berlit P., ed. Klinische Neurologie. Springer, Heidelberg 2006, 2. Auflage, Seite 137-170
- [3] Zimmermann K, Kühn H-J, Linke E (2014) Praktische Liquordiagnostik in Frage und Antwort. Instand Schriftenreihe Band 12, 2. überarbeitete Auflage
- [4] Thomas L. Views and Reviews. Referenzbereiche für Plasmaproteine. Dade-Behring Ausgabe 5/98